News

21.06.2012 00:00

Maßlos arbeiten – wofür eigentlich?

Im Rahmen der 125-Jahrfeier der Kaufmannsschule fand am 04. Juni 2012 die dritte Veranstaltung zu einem Thema statt, das unsere Schule bewegt hat, bewegt und bewegen wird. Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums sowie Auszubildende der Bereiche Banken und Industrie nahmen an einer Veranstaltung unter der Fragestellungeine „Maßlos arbeiten-wofür eigentlich?“ teil.
Im ersten Teil der Veranstaltung referierte der Theologe und Sozialethiker, Professor Werner Krämer von der Uni Dortmund, in der vollbesetzten Aula der Kaufmannsschule.

Die titelgebende Frage für die Veranstaltung wurde von Professor Krämer aus verschiedenen Blickwinkel betrachtet. Dabei reicht das Spektrum von seinen persönlichen Beobachtungen, über einen historischen Rückblick über die veränderte Sichtweise von Arbeit, bis zu seiner Analyse des heutigen Arbeitsverständnisses. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass Löhne nicht mehr als gerechter Teil am gemeinsam Erarbeiteten und als Kaufkraft angesehen würden, sondern als betriebswirtschaftlich zu minimierende Kosten. Was den menschlichen Wert der Arbeit ausmache, könne am besten aus der Verlustperspektive ermittelt werden: Wer die Erwerbsarbeit verliere, sei abgeschrieben, ihm drohe das gesellschaftliche Aus.

Die Frage: wofür arbeiten wir? beantwortete Prof. Krämer mit der Darstellung konträrer Arbeitsverständnisse. Anhand zweier Gleichnisse aus dem Neuen Testament, dem Gleichnis vom Weinbergbesitzer und dem Gleichnis von den Talenten, verdeutlichte er die Zielvorstellung des Christentums: eine gerechte Gesellschaft aufgrund der Gleichheit aller.

Schlussfolgernd führte Professor Krämer aus, dass wir Arbeit nicht als individuelle Erwerbsbiographie verstehen sollten, sondern als Möglichkeit, eine dauerhafte umfassende Solidarität und Gleichstellung aller abhängig Arbeitenden aufzubauen. Dazu gehöre ein gemeinsamer kämpferischer Einsatz für eine menschengerechtere Gestaltung der Arbeit, für mehr Mitbestimmung und Beteiligung.

In einer anschließenden Podiumsdiskussion beantworteten Frau Cosman, (Geschäftsführerin der Werbeagentur Wolff Kommunikation GmbH) Herr Backhaus (ehemaliger Personalexperte der Girmes AG) sowie Herr Kalwa (stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von ThyssenKrupp Nirosta) unter der Moderation unseres Kollegen Karl-Heinz Schindler die Fragen der Schülerinnen und Schüler. Diese hatten im Religionsunterricht zu den Themenbereichen „Leistungsprinzip“, „Gerechtigkeit“, „Lohngerechtigkeit“ und „Arbeitsbedingungen“ Fragen und Anregungen erarbeitet und erwarteten kompetente Antworten. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion enttäuschten die Erwartungen der Zuhörer nicht und nahmen ausführlich und engagiert zu den Fragen Stellung. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl Unternehmer- als Arbeitnehmerseite in den grundlegenden Auffassungen übereinstimmten.

Nach zwei Stunden und einer engagierten Diskussion endete die Veranstaltung mit einem verdienten Applaus für Professor Krämer und die Teilnehmer der Podiumsdiskussion.

Karl-Heinz Schindler

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v.l.n.r.): Herr Kalwa, Herr Backhaus, Herr Schindler, Professor Krämer, Frau Cosman